Aniridiekonferenz 2016-banner

Der Patiententag  am 26. August war ein sehr interessanter, wenn auch sehr anstrengender Tag für alle. Es war unheimlich heiß, sehr viele Menschen aus verschiedenen Ländern waren angereist. Es konnten gute Gespräche geführt werden und auch ein Austausch zwischen Ärzten und Patienten fand statt.

 

Die Patienten, hatten alle ihre ganz eigenen Motivationen herzukommen, und nahmen teilweise sehr weite Strecken auf sich. Da war z.B. das junge Elternpaar aus Polen, das noch völlig von der Angst gefangen war, ihrem Kind könne kein erfülltes Leben geschenkt werden, die aber im Gespräch mit gestandenen, optimistischen Betroffenen durchaus ruhiger wurden und viele sehr sinnvolle Fragen stellten. Da war auf der anderen Seite die Mutter einer volljährigen Tochter, die die Gefahren der Krankheit durchaus sah, wohingegen ihre Tochter, die nicht dabei war, diese einfach noch nicht wahrhaben wollte. Eine durchaus verständliche Haltung eines Teenagers, der bis dahin noch alles gepackt hat. Eine durchaus verständliche Haltung eines Teenagers, der bis dahin noch alles gepackt hat. Das hat mich als Betroffene und Vorsitzende unseres deutschen Vereines sehr an die junge Abiturientin denken lassen, die ich einmal war mit euphorischen Vorstellungen, des „Du kannst alles, wenn Du es nur willst“. Wir wissen, das trifft bei weitem nicht immer zu, und die Enttäuschungen kamen prompt, aber eben auch die Lebenslagen, in denen Kraft und Mut ihren Ursprung fanden.

 

Der medizinische Teil der Konferenz am 27. und 28. August

 

Erlend Summer Lansend – Oslo

Beschrieb die Symptome bei der Pax gebundenen Aniridie und auch bei anderen Formen der Aniridie.

Er ging darauf ein, dass es die Hornhautprobleme, das Glaukom und den Katarakt gibt, und dass in der Regel von einer deutlichen Sehbehinderung auszugehen ist. Er wies darauf hin, dass die Iris-Veränderungen sehr subtil sein können. Sehr fein, Frau Kaesmann hat selbst Patienten gesehen wo eine vollständige Iris da war, wo sie mit der Spaltlampe schauen musste, um zu sehen, dass die Iris Substanzdefekte hatte. Wirkte zunächst ganz unauffällig.

Er sprach davon, dass die hauptsächlichen Störungen, der Katarakt, die Aniridie, und die aniridiebezogene Hornhauttrübung seien.

Kaesmann -Kellner UKS Homburg/Saar

Sie hat Patienten vorgestellt, bei denen keine Pax6 gebundenen Mutationen vorlagen. 200 Patienten sind derzeit in Homburg in Behandlung. Ein Viertel davon ist noch nicht genetisch analysiert. Das sind hauptsächlich die erwachsenen Patienten. Bei den Patienten, die familiäre Aniridie haben, wird von einer Pax6 Veränderung ausgegangen. Und dann gibt es sehr viele sporadisch betroffene Patienten, wo die Eltern gesund sind, aber das Pax Gen genetisch festgestellt wurde. Übrig geblieben sind 27 Patienten, bei denen trotz intensiver Suche nichts auf dem Pax 6 oder irgendwo etwas gefunden wurde. Bei 13 Patienten wurden andere Gene gefunden, die auch schon in der Literatur beschrieben wurden, die auch mit Aniridie einhergehen. Wie zum Bsp. Peterserkrankung, Rieger Erkrankung jeweils mit kompl. Aniridie.

Dann gab es auch chromosomale Veränderungen, Trisomie 13 Petahu Syndrom mit Aniridie, kleine Bruchstückverluste auf seltenen Genen, man kann sicher auch weitere Genorte finden, wo aus einem defekten Genort eine Aniridie resultieren kann.

Von diesen 27 Patienten konnten 13 damit aufgeklärt werden, bei 14 wurde bisher nichts gefunden. Diese hatten ein interessantes Spektrum von mild betroffen und relativ guter Sehschärfe und fehlendem Augenzittern, bis hin zu ganz schweren Fällen mit Microphtalmus und kleinen Augen und Lichtscheinwahrnehmung und fehlender Iris. Schlussfolgerung war, dass die Patienten, die keine Pax6 Genveränderung haben, ein sehr breites Spektrum aufwiesen, von annähernd normaler Sehschärfe bis hin zu angeborener Blindheit. Gerade bei Patienten, bei denen unerwartet genetische Veränderungen gefunden wurden, gibt es wohl eine Ansatz, um auf diesen Fundorten noch ganz gezielt nach weiteren Genorten für die Aniridie zu suchen.

Lim Yun Tek – Korea

Interessanter Vortrag über 28 Patienten, davon 18 nicht verwandte Familien. Die Sehschärfe war auch hier weit gestreut, von nur Handbewegungen sehen können bis hin zu 80 % Visus. Das Ausmaß des Nystagmus war auch sehr variabel. Eine Patientin hatte keinerlei Fehlbildung vom Ort des schärfsten Sehens. Er schlussfolgert, dass die Patienten trotz Mutationen im Pax6 Gen ein breites Spektrum von phänotypischen, also von äußeren Merkmalen am Auge hatten, die von „sehr mild“ bis zu „sehr ausgeprägt“ reichen konnten. Er verglich dies dann mit Patienten ohne die Pax6 Mutation. Der unterschiedliche Phänotyp kommt sicherlich auch innerhalb der Pax 6 Mutation vor, einfach weil das Pax 6 Gen eine gewisse Länge hat und kann natürlich, wenn eine Mutation an einem Ort ist, schon zu einer anderen Ausprägung führen als eine Mutation auf einem entfernter gelegenen Ort.

 

Jens Martin Rohrbach sprach über die Historie der Aniridie

Es gab 1957 bereits ausgeprägte Familienstudien, bei der die Iris sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Er sagt, dass man bereits viel geforscht hat auf dem Gebiet.

Er wies darauf hin, dass man die Aniridie nicht heilen kann, jedoch aber besser behandeln kann, hinsichtlich des Glaukoms und der heute zur Verfügung stehenden Möglichkeit einer Hornhauttransplantation und Stammzellenbehandlung.

Er wies auch außerdem darauf hin, dass es wohl nie möglich sein wird, eine natürlich Iris (aus Organspende) zu implantieren, da dies zu aufwendig sei, also quasi unmöglich. Er rät auch dringend davon ab, sich ein Iris Implantat einsetzen zu lassen, da die Gefahren, die dies mit sich zieht, enorm hoch sind.

 

Frau Veronica van Heyningen

Genetik- Pax 6 und andere Gene, unterschiedliche Mutationen, unterschiedliche Erscheinungsformen

Arbeitet in UK

Sie sprach viel darüber, dass das Pax6 Gen ein kontrollierendes Gen ist, was auch schon evolutionär älter ist (bei Fliegen etc., die weit älter sind als wir, besteht es schon lange). Das Gen ist zuständig für die Augenentwicklung aber auch für andere Entwicklungen im Körper. Kann entstehen, wenn auch nur eine Aminosäure in der Coding Sequenz ausgetauscht wird, es könnte aber auch sein, dass es andere Bereiche gibt, die diese ausschneiden und verändern. Sie hat darauf hingewiesen, dass Foxc1 und pitx2 weitere bekannte Orte sind, die mit Aniridie einhergehen können, sie stellte kürzlich Ergebnisse eines Falles eines weiteren Genes vor, was für Gille spie zuständig ist, mit auditiven Wahrnehmungsstörung, einer Ataxie und leichter geistigen Behinderung. Dieses neuentdeckte Gen für das Gillespie Syndrom wirft einige interessante Aspekte für die zukünftige Forschung auf, da man nicht zufrieden sein soll mit dem Finden eines Gens, sondern uns zur Frage bringt, warum der Gendefekt zu dem Funktionsausfall führt.

Frage aus dem Publikum war:

Wie kann man mit den Mosaiken umgehen in Zukunft im Pax 6 Gen?

Antwort Van Heyningen: 

Das Mosaik bedeutet, dass die Gen-Ausprägung nicht in jedem Gewebe, sondern nur in einzelnen Gewebeteilen da ist, es eben dadurch festgestellt werden kann, dass man unterschiedliche Gewebe untersucht und nicht nur das Blut, sondern zum Beispiel auch die Mundschleimhaut oder auch Speichel, um festzustellen, ob unterschiedliche Gen-Ausprägungen, Gen Aktivitäten oder Nicht-Aktivitäten in unterschiedlichen Körpergeweben auftreten können.

 

Hanno Bolz

Er macht für Homburg die genetischen Untersuchungen, hat ebenfalls über die Genetik gesprochen und hat vor allem auf das Next-Generation-Sequenzing abgezielt, womit man sehr in die Tiefe gehen kann, um noch Mutationen zu finden, die vielleicht vor 2 oder 3 Jahren noch gar nicht gefunden worden wären. Er beschrieb, dass es noch Mutationen gibt, wo es restliche pax6 Funktion gibt, und diese können auch in unterschiedlichen Geweben verschieden ausgeprägt sein, diese können dann in einem deutlich milderen Erscheinungsbild der Aniridie resultieren. Diese größere Delation beinhaltet Pax 6 Mutationen, die das Pax6 und auch das WT1 (Wilmstumorgen) beinhalten, das WAGR bedeutet. Das Generation-Sequenzing bedeutet, dass bei negativer Pax6 Diagnose man in Zukunft schneller an noch andere Mutationen kommen kann.

Tatjana Vasiyelvaln Russland

Es wurden einige Mutationen vorgestellt und es wurde gesagt, dass es auch Splice-Mutationen in den Frequenzen geben kann. Man sollte nicht nur in den aktiven Bereichen suchen, wenn man keine Mutation findet, sondern auch in den Zwischenbereichen suchen, die nicht aktiv sind. Dies kann man auch mit der Next-Generation-Methode herausfinden.

Sitzung zur Entwicklung und zelluläre Biologie

 

Gregory Evans

Sie sprach von der Behandlung mit Ataluren oder der Latarna Therapie, welche schon bei anderen Krankheiten angewandt wurden. Diese Therapie wird nur bei einer bestimmten Art der Mutation, der sogenannten Nonsens Mutation angewandt. Dieses Antibiotikum, welches seit Jahrzehnten bekannt ist, wird verwendet, um eine Brücke zu schlagen über diese Nonsens Mutation, damit der Lauf hintendran trotzdem weitergeht und das Gen-Produkt auch produziert wird. Eine sehr elegante Methode, jedoch nur für einen sehr kleinen Kreis verwendbar. Dieses Medikament wurde schon ausreichend eingesetzt, unter anderem zur Therapie bei Muskeldystrophie, und wurde für gut befunden.

Aniridie ist nun das 4. Krankheitsbild, welches damit behandelt wird und es ist natürlich sehr spannend zu sehen, wie es angenommen wird.

Sie hat in ihrem Labor erst an Mäusen systematisch das Medikament verabreicht und konnte deutliche Besserungen beobachten. Die Linse bekam eine bessere Form, die Netzhaut war auch differenzierter.

Als der Versuch einer Tropf-Behandlung gemacht wurde, funktionierte es auch im Mausversuch, mit besserer Augenbinnenstruktur. Das wird auch ein Ansatz für Patienten. In Amerika gibt es 3 Zentren, die Patienten jetzt rekrutieren, bisher wurden 15 Patienten ausgewählt. Jetzt wird jedoch erst mit systemischen Medikamenten gearbeitet, da es sehr teuer ist Unbedenklichkeitszertifikate am Auge zu bekommen. Diese Unbedenklichkeitserklärung für systemische Behandlung ist abgeschlossen, da ja schon 3 Krankheitsfelder damit behandelt werden. Insofern gibt es ein Verbot die Tropfen am Patienten anzuwenden, daher findet die Verabreichung mit Tabletten statt. Sie rekrutieren noch Patienten, die Studie geht über 2 Jahre und man will dann schauen, ob verwertbare Informationen erreicht werden. Es gibt Kriterien für diese Studie, so darf z. B. die Sehkraft nicht unter 10 % liegen. Nur Kinder ab 2 Jahren werden eingeschlossen. Wenn dieses Medikament tatsächlich dazu dienen kann die Oberflächenerkrankungen, Hornhaut etc. zu vermeiden, wäre dies ein riesiger Schritt nach vorne.

Wie lange dauert es, bis man Verbesserungen erwarten kann:
Man kann es nicht vorhersagen, es werden verschiedene Parameter gemessen, um irgendwann Veränderungen festzustellen, es wird eine Zeit dauern.  In 3 bis 6 Monaten könnte man Veränderungen an der Hornhaut sehen und auch beim Augendruck wird es wahrscheinlich in diesem Zeitraum Verbesserungen geben.

Jim Lauderdale USA

Patienten mit Aniridie leiden unter einer Party-Schwerhörigkeit, diese Information war für uns auch neu, ebenso für Frau Käsmann-Kellner. Partyschwerhörigkeit bedeutet, dass das Gehörte nicht wahrgenommen wird, bzw. man sich nicht auf das Gesprochene des Gegenübers konzentrieren kann, wenn die Umgebung laut ist. Man kann nicht richtig hören, obwohl das Hörvermögen gut ist. Es ist eine Filterstörung. Es ist daher so wichtig dies zu wissen, da viele Aniridie-Patienten fälschlicherweise mit ADS diagnostiziert werden. Es wurde festgestellt, dass viele Aniridiepatienten diese haben. Eine wichtige Information, insbesondere auch für Kinderärzte!

Viele Aniridiepatienten haben auch Pinialisprobleme, diese fehlt häufig oder man hat zu wenig von diesem Gewebe. Durch dieses Unterdrücken gibt es dann Schlaf*Wach-Rhythmus-Störungen. Entgegenwirken kann man mit Melatonin, was auch gegen Jetlag benutzt wird.

Er hat viele Zusammenhänge aufgezeigt, wie die Hypophyse, das ist die Hirnanhangsdrüse, sämtliche Hormone bei Aniridie verändern kann. Daher sollte man auch endokrine Ursachen abklären, wie Diabetes, Adipositas etc. Es wurde deutlich nachgewiesen, dass dies bei Pax6 Patienten der Fall ist. Pax6 ist auch im Darm nachgewiesen worden, das heißt es kann auch immer wieder zu Magen-Darm-Problemen kommen. Auch Ekzeme kommen häufig vor.

Sehr interessante Frage von Arne Viestenz:

Wenn die Kinder diese Partyschwerhörigkeit haben, ob dann auch die Eltern auffällig sind? Wenn man den Schritt zu dem Medikament macht für die Studie in Vancouver, wäre die Idee, evtl. über diese Partyschwerhörigkeit die Eltern von dominant Aniridie betroffenen Kindern zu testen und zu selektionieren als ein Eltern Screening und tatsächlich einzuwirken mit einem Medikament, um dies zu verhindern. Wenn die Eltern z. B. wieder ein Kind bekommen möchten.

Antwort von Lauderdale:

Nur wenn die Eltern auch Pax6 haben.

 

Schlötzer Schrehardt Nürnberg – Stammzellen

Dies war ein schöner Eingangsvortrag für die ganzen Hornhautsessions. Es ist ein enormes Wissen entstanden über diese Stammzell-Nische am Limbus, an dem Hornhautrand die Stammzellen entstehen, die die Hornhaut immer wieder neu aufbauen. Es wird versucht diese Stammzellen Nische nachzubauen, man hat es mit organischem Material versucht, das hat nicht so geklappt, man versucht jetzt aus einer Art Gel eine Art Gerüst zu bauen, um dann dort entnommene Stammzellen einzusetzen und um zu schauen, ob diese sich dann an diesem Gerüst anlagern. Dort werden tatsächlich erste nischenartige Strukturen beobachtet, die sich außerhalb des Körpers in Hydrogel-Strukturen entwickeln können. Es wurde länger darüber gesprochen, welche externen, nicht körperlichen Gewebe dazu geeignet sind, um Stammzellen zu züchten und ihnen diese Nischen Anatomie zu geben. Das sind alles Forschungsvorstufen für eine noch in der Zukunft liegende therapeutische Option der Limbusstammzelleninsuffizienz. Es wurde relativ lange über die Marker gesprochen, um die Stammzellen identifizieren zu können, was nicht so einfach ist.

 

Tor Paaske Utheim – Oslo

Er gab eine Übersicht der Möglichkeiten der Therapie der Limbusstammzelleninsuffizienz und hat vor allem die Gewebe vorgestellt, die benutzt werden können, um das Gewebe auf das Auge aufzutragen und für neue Stammzellen zu sorgen. Beispiel hierfür ist eine Gewebespende von Verwandten, jedoch muss man hier schwere Medikamente nehmen, damit das Transplantat nicht abgestoßen wird. Er wies darauf hin, dass auch andere Gewebe des Patienten selbst verwendet werden können, wie das Weichgewebe des Zahns oder Nasenschleimhaut. Das sind dann Gewebe, wo man keine Abstoßungen befürchten muss, da es eigenes Gewebe ist. Nur kann es hier sein, dass das Pax6 Gen auch hier wieder übergeht und es zur Abstoßung oder Krankheitsverschlechterung kommt. Das Pax 6 Gen ist ja nicht überall im Körper gleich stark vertreten, man sollte also eine Region wählen, wo es weniger aktiv ist. Zusammenfassend geht er in die Richtung, das Thema Stammzellen zu verlassen und auf körpereigene Zellen zurückzugreifen, die aus anderen Orten als vom Auge kommen.

Seine Frau Oygynn Utheim sprach dann noch vom Transport der Stammzellen, da es wichtig ist, wenn diese verschickt werden, dass sie nicht kaputtgehen. Sie haben dann Versuche gemacht mit Rüttel-Maschinen, um dann herauszufinden in welchen Medien, Arten von Verpackungen man diese transportieren kann. Momentan ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass diese eine Reise von 36 Std. aushalten.

Es gibt 2 große Projekte:

Cost Projekt und Horizont 2020

Das eine baut auf dem anderen auf. Das Cost Projekt ist dazu gedacht, dass Hornhaut Spezialisten sich vernetzen und Erfahrungen austauschen und dass an einem hochspezialisierten Zentrum wie in Nürnberg jemand hingehen kann, um sich weiterzubilden und das Gelernte dann an seinem Arbeitsort weitergeben kann. Cost ist dazu da, die Finanzen dafür zur Verfügung zu stellen. Auch hilft Cost bei dem Projekt Horizont 2020 dann Anträge zu stellen. Der Aufbau dieser europäischen Forschung Förderung dient dazu, in großem Rahmen Hornhaut-Erblindung zu vermeiden. Daher auch für uns sehr interessant.

Ern – European Referent Network

Dafür da, dass Forschungsprozesse beschleunigt werden können.

Gerd Geerling  Augenklinik Düsseldorf

Er berichtete über den Tränenfilm.

Es ist nicht nur der Limbus unterschiedlich, sondern auch der Tränenfilm, er unterstützt die Tatsache, dass man schon sehr früh mit künstlichen Tränen-Ersatzmitteln die Hornhaut schützen und die Ernährung unterstützen kann. Weil der Tränenfilm auch nicht so gesund aufgebaut ist wie bei nicht Aniridie-Augen. Versch. Untersuchungsmethoden wurden vorgestellt.

Claus Coursiefen – Augenklinik Köln

Er sprach über die Boston Keratoprothese. Er hat über die Erfahrungen in Köln gesprochen. Er hat jetzt 35 Patienten diese implantiert, hat das Verfahren generell vorgestellt. Nach der Implantation muss ein Leben lang eine Linse getragen werden. Nachteil ist, dass das Ganze sich herausarbeiten kann und es besteht immer eine Gefahr von Infektionen. Daher müssen täglich lebenslang antibiotische Augentropfen gegeben werden. In Amerika wird diese OP Variante bereits als Erst*Implantation vorgenommen.

Prof. Seitz – UKS Homburg Saar

Er berichtete von der Laser Keratoplastik.

Bei Aniridepatienten sollte man genau überlegen, bei wem eine derartige Behandlung möglich ist, in Anbetracht der Gefäß-Einwachsungen. Auflagerungen auf der Hornhaut können abgetragen werden.

Irene Gottlob UK

Sie sprach über die Stelle des schärfsten Sehens und ihre Entwicklung bei Aniridie und Albinismus. Es wird davon ausgegangen, dass das relativ gleich funktioniert. So wie sie hat es bisher noch keiner geschafft, dies in Bildern festzuhalten.

Prof. Nyung aus Tübingen

Sie sprach davon, dass es wirklich wichtig ist, Sehhilfen individuell anzupassen. Es gibt keine passende Lösung für jeden, man sollte auch sehr früh schon mit Sehhilfen-Anpassung beginnen.

Sie meinte auch, sehr wichtig sei, der Blendungsschutz, sehr früh auch mit Kontrastwahrnehmung auszustatten und ein Monokular ist auch sehr wertvoll. Dies sollte unbedingt angeboten werden und auch geübt werden, damit die Kinder auch draußen Objekte aus weiter Entfernung sehen können.

 

Frau Käsmann

Sie sprach am 2. Tag über die neue Tropf-Studie zur Hornhautpflege mit den EVO Tears Augentropfen. Sie berichtete darüber, wie Patienten die Fragebögen ausgefüllt haben und wie sie mit der Erkrankung leben sowie dass neben der Blendung auch Schmerzen ein großes Problem seien. Durch die Blendempfindlichkeit, die sehr unangenehm ist, müsse man die Sonnenbrille tragen, was wiederum im sozialen Umfeld anonymisiert. Dass man die Leute auf der Straße nicht erkennt und deswegen als arrogant eingestuft wird. Für Eltern, die selbst betroffen sind,  ist es sehr schwer, dass sie ihre Erkrankung an ihre Kinder weitergegeben haben. Sie möchte mehr auf die Alltagsprobleme der Patienten eingehen können und findet es daher wichtig, auch solche Fragen von den Patienten beantwortet zu bekommen, welchen Einfluss die Erkrankung auf das Leben hat.

Katie Atkinson aus England und Joery van den Bosch aus Belgien

Beide bestätigten dies auch in ihren Vorträgen „Leben mit Aniridie“. Ein Vortrag, der gerade den anwesenden Betroffenen aus dem Herzen sprach.

Man fühle sich sozial ausgegrenzt als Erwachsener. Als Kind brauchte man schon die Unterstützung von Freunden und Familie, was sich später nur noch intensivierte.

Joery sprach davon, wie er seine Arbeit verloren hat, weil er eine Strecke an Operationen machen lassen musste. Katie sprach von Isolation in der Gesellschaft.

Im Verlauf des Lebens nimmt die Unsicherheit vor weiteren Komplikationen stark zu und beeinflusst natürlich auch den Alltag. Die Sorge, wie es denn weitergeht, ob man die richtige Entscheidung trifft? Ein Problem sei auch, dass man unterschiedliche Aussagen und Behandlungsmethoden von verschiedenen Ärzten höre und man schier verunsichert sein, was man denn am besten tun solle.

Die 1. Europäische WAGR Session beginnt

Kelly Trout von der IWSA / USA

Sie hat insgesamt sehr positiv über dieses seltene Syndrom gesprochen, welches nach Diagnose erst einmal Angst und Schrecken verbreitet. Neben den Symptomen und Erkrankungen sprach sie auf sehr beeindruckende Weise davon, dass man dennoch ein erfülltes Leben leben kann. Sie unterstrich dies mit wunderschönen Bildern in Ihrer Präsentation.

Neben dem Wilmstumor, der Aniridie, der geistigen Behinderung und urogenitalen Veränderungen können auch Schlafprobleme auftreten sowie, was für uns neu war, eine Schmerzunempfindlichkeit. Man muss aufpassen, wenn z.B. bei Verletzungen nach stolpern ein Band gerissen sei, die Kinder dennoch normal damit laufen, weil sie keinen Schmerz empfinden, da der soweit runter reguliert wird durch den Körper. Verletzungen können daher unterschätzt werden und Untersuchungen müssen entsprechend an diesen Umstand angepasst werden. Der Zehenspitzengang ist bei WAGR Patienten auch deutlich höher und dieser könne jedoch durch eine Achillessehnenoperation behoben werden.  Die Achillessehnen sind bei WAGR häufig zu stramm und das führt dann dazu, dass der Patient auf Zehenspitzen steht und läuft. Auch wenn WAGR Patienten den Wilmstumor überstanden haben, kann es im späteren Leben dennoch zu Niereninsuffizienz kommen. Man muss beachten, auch wenn das Kind aus dem Tumoralter herausgewachsen ist, die Nieren dennoch halbjährlich zu untersuchen.  Auch neu für uns war, dass es bei WAGR Patienten zu einem Anstieg der Fette im Blut kommen kann und das dies dann wiederum Wechselwirkungen geben kann mit einem gängigen Anästhetikum. Es heißt Prophol und wird zur Einleitung von Kurznarkosen verwendet. Wenn diese Kinder zu hohe Blutfettstoffe haben, können sie bei der Gabe von Prophol eine Bauchspeichel-drüsenentzündung entwickeln. Dies muss dringend beachtet werden. Auch eine chronische Verstopfung kann bei WAGR Patienten auftreten. Ein verschlechtertes Hörempfinden tritt ebenfalls häufig auf und wird als „Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen“ bezeichnet. Es sollte frühzeitig erkannt und gezielt interveniert werden.

Joan C Han aus Amerika

Hat über den „Brain Drive new Topic Factor“, einen Botenstoff im Gehirn, gesprochen, bei dessen Fehlen es zu einem Übergewicht kommt. Sie hat dann wunderbar dargestellt, dass dies bei WAGR Patienten erkannt wurde, aber durchaus einen Ausblick darauf geben kann, was das Übergewicht der allgemeinen Bevölkerung angeht.

Sie hat im Mausversuch darlegen können, dass der Mangel dieses aus dem Gehirn stammenden, nervenbauenden Faktors dazu führen kann, dass die Maus sozial auffällig sowie schmerz-unempfindlich ist und dass sie einem vermehrten Hunger ausgesetzt sind. Diese Schmerz-unempfindlichkeit kommt vor allem durch eine schlechtere Übertragung des Schmerzreizes von dem Ort, wo er entsteht. Der Reiz kommt nicht richtig im Gehirn an, daher ist die Schmerzempfindlichkeit herabgesetzt. Sie legte Wert darauf zu sagen, dass WAGR Patienten die deutlich sozial auffällig sind, keinen Autismus haben wie bisher angenommen, hier ist der Verweis zu „Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen“ herzustellen, welche kein Autismus sind.

Sie sprach auch von Schlafstörungen bei Pax 6 Patienten und hat eine Studie vorgestellt,  in der  sie das Hirnanhangsdrüsen Volumen gemessen habe. Hier konnte Sie nachweisen, dass dies hier im Schnitt geringer vorhanden ist als bei gesunden Patienten. Sie hat damit auch begründet, dass der Melatonin Austausch gestört ist und der Tag/Nacht-Rhythmus gestört sein kann.

 

Dr. Graf aus Homburg

Hat europaweite Studien über den Wilmstumor vorgestellt und darauf hingewiesen, dass eine frühe Vorsorge dringend notwendig ist, um das Stadium des Tumors rechtzeitig zu erkennen. Heutzutage kann nierenerhaltend therapiert werden, durch eine Chemotherapie und dadurch den Tumor so verkleinern, um möglichst viel Nierengewebe bei einer Operation zu erhalten. Die Mutationen bestimmen auch die Prognosen und den Verlauf sehr, anhand der Mutation kann man sehen, ob der Tumor einen aggressiveren Verlauf nehmen wird oder nicht. Ziel ist es, wie bereits erwähnt, nierenerhaltend zu operieren. Referenzzentren sind für Kinder mit Wilmstumor sehr wichtig, betonte er, ebenso eine individuelle Behandlung/ Betreuung auch nach der Therapie.

Frau Käsmann

Sie sprach danach über die Untersuchungsmöglichkeiten bei WAGR Patienten, da sie durch ihre geistige Behinderung oder Entwicklungsverzögerung deutlich schwieriger zu untersuchen sind, sehr oft auch viel kränker sind als normale Aniridiepatienten, gerade auch wenn sie eine Tumor-behandlung hinter sich haben. Es sei viel Phantasie notwendig, um an sein Untersuchungsziel zu kommen und es sind auch leider mehr Narkoseuntersuchungen notwendig als bei gesunden Aniridiepatienten. Wichtig zu sagen ist ihr, wie wichtig der Kreislauf zwischen einer Sehbehinderung und der geistigen Entwicklung ist. Die Sehbehinderung wirkt sich natürlich sehr stark auch darauf aus, wie gut die motorische und geistige Entwicklung Fortschritte machen kann, weil einem stark sehbehinderten Kind ja entsprechende Informationen fehlen. Da die Untersuchungen bei WAGR Patienten durchaus schwierig sein können, sollte man lieber eine Narkoseuntersuchung mehr machen als üblich ist, um eine Verschlechterung der Sehkraft entgegenwirken zu können. Das Sehen ist auch und gerade für WAGR Patienten der Schlüssel für die weitere motorische und geistige Entwicklung.

Sie stellte insgesamt 20 WAGR Patienten vor. 14 aus Deutschland und 6 aus Russland, wenn sie diese vergleicht mit Pax 6 Patienten, stellt sie fest, dass die Komplikationen am Auge deutlich früher einsetzen bei WAGR Patienten als bei reinen Pax6 Patienten. Was wiederum besonders schlimm ist für die allgemeine Entwicklung der WAGR Kinder.

Dominque Bremond Gignac aus Frankreich

Sie sprach über die Besonderheiten beim Katarakt und Glaukom. Sie hat darauf hingewiesen, dass es eine verfrühte Kataraktausbildung bei Aniridie gibt und dass das, was bei der Geburt gesehen wird, der Polstar, entweder in der vorderen oder hinteren Linsenkapsel, dass das auch stabil bleibt und NICHT operativ behandelt werden muss. Das ist oft das, was die Eltern merken, wenn sie in die Augen des Neugeborenen schauen und den weißen Punkt im Zentrum entdecken. Diese Punktförmige Trübung ist relativ häufig bei Aniridie. Vorsorge und Kontrolle ist extrem wichtig, um einen grauen Star frühzeitig zu behandeln bzw. gar nicht entstehen zu lassen. Gerade Jugendliche erkranken daran häufig und die Sehschärfe kann dann enorm herabgesetzt sein. Man operiert wirklich erst im jungen Erwachsenenalter, und erst dann wenn der Patient deutlich schlechter orientiert ist.

Vadim Bondar aus Russland

Er sprach über die künstliche Iris Implantation und fragte auch seine Patienten, warum sie diese Linse haben wollten? Er hat darauf aufmerksam gemacht, dass eigentlich bei einer Iris Implantation die Eltern für das Kind entscheiden und er dafür plädiert, dass das Kind selbst entscheiden soll, wenn es dann mal alt genug dafür ist, um zu verstehen, was diese Implantation bedeuten kann. Für Eltern ist das Problem die fehlende Iris, für die Patienten selbst spielt dies keine Rolle, hier zählen dann nur die Sehkraft und ein schmerzfreies Leben. Er warnte sehr stark vor möglichen Nebeneffekten einer künstlichen Irisimplantation. Diese könnte einen deutlichen Druckanstieg mit sich bringen und könnte auch zu dem gefürchteten Aniridie Fibrose-Syndrom führen, was eine Komplikation ist, die bei jeder Art von Operation am Aniridie Auge führen kann. Es kann sich nichtentzündliches, dickes Narbengewebe bilden und dann möglicherweise die Netzhaut mit abziehen, was zu Druckanstiegen oder Druckabfällen führen kann. Oftmals haben diese Patienten mit einem Irisimplantat eine sehr schlechte Prognose dauerhaft.

Frau Käsmann fügte noch hinzu, dass es auch abhängig ist von der Mutation, die man hat. Sie hat eine Patientin gesehen mit ihrer Tochter, die diese Iris implantiert bekommen hatte und keinerlei Auffälligkeiten aufwies. Diese Patientin kam aus Russland, jedoch hatte sie keinerlei Vorerkrankungen an Hornhaut und keinen erhöhten Augendruck. Hier muss wirklich darauf geachtet werden, wenn man mit dem Gedanken einer Implantation spielt, dass keinerlei Vorerkrankungen da sind. Und das sei extrem selten. Diese Dame bekam die Iris auch nicht im Kindesalter sondern erst im Erwachsenenalter.

 

Peter Netland aus Amerika

Glaukom / Behandlung

Beeindruckend war, wie er gezeigt hat, wie viele Patienten Glaukom haben. Hier muss man differenzieren zwischen offenem und geschlossenem Kammerwinkel. Im Laufe des Lebens entwickeln immer mehr Patienten Kammerwinkelverschlüsse. Und immer mehr entwickeln dann auch Glaukome, es sind bis zu 70% der Aniridiepatienten!!!

Sehr eindrucksvoll teilte er mit, dass bei ihnen die Erkennung der Aniridie-Glaukome sehr zeitig beginnt in Virginia und sie damit die Möglichkeit haben, durch die klare Hornhaut einen minimal invasiven Eingriff durchzuführen mit einer Goniotomy, das heißt, ein Einschneiden des Kammerwinkels direkt auf dem Weg durch die Vorderkammer, was ein sehr schonender Weg ist. Dies ist ein Kontrast zu dem, was wir in Europa oder zu dem Bild, was wir in Homburg haben, wir habe hier sehr viele Hornhautvernarbungen, sodass dieser Weg bei uns fast nicht möglich ist oder extrem selten möglich ist. Er nutzt auch die Klappenchirurgie, einen kleinen Drainage Schlauch einzulegen wegen der Fehlbildung im Kammerwinkel, sodass ein kleiner Schlauch relativ weit vom Ort des Abflusses entfernt das Kammerwasser ableiten kann und somit den Augeninnendruck senken kann. Erfolgschancen mit dieser Klappenchirurgie liegen bei 80%.

Homburger Ergebnisse zeigen, dass viele Patienten, vor allem aus dem Ausland, sehr starke Hornhautvernarbungen haben, und man mehrere Operationen benötigt, da einzelne nicht dauerhaft erfolgreich sind.

Man kooperiert mit Prof. Hille aus Offenburg, ein hervorragender Chirurg, der gerade diese schweren Fälle erfolgversprechend operieren kann, mittels dieser Klappenchirurgie.

 

Rosa Sanchez de Vega (aus Spanien)

Die neue Vorsitzende der Aniridia Europe bedankte sich noch einmal für diese großartige Konferenz, die auf höchstem wissenschaftlichem Niveau stattfand und vielversprechend in die Zukunft schauen lässt. Sie stellte die europäische Vereinigung vor und betonte, wie wichtig die europäische und internationale Zusammenarbeit sei.

Es folgte der Tribut an Union Berlin

Ein Vortrag von Barbara Käsmann mit Bildern und der Geschichte zur Aktion „Gemeinsam Sehen Union Leben“ und einer bewegenden Rede von Denice Toews-Hennig im Anschluss.  Gänsehautmomente und staunende Gesichter im Publikum, die diesen Programmteil mit großem Applaus beendeten.

Martin Dausch und Denice Toews-Hennig baten alle Referenten nach vorn, bedankten sich bei ihnen jeweils persönlich und überreichten ihnen als Erinnerung eines der im Stadion gemalten Bilder.  Frau Käsmann erhielt von Denice Toews-Hennig als Zeichen der Dankbarkeit, eine von gemeinsamen Freunden und Unterstützern handsignierte Flagge des 1. FC Union, welche sie sichtlich berührt annahm.

Sven Köhler der Initiator der Aktion gemeinsam Sehen Union Leben, erhielt eine Auszeichnung für diese Aktion, mit herzlichen Umarmungen von Martin Dausch, Barbara Käsmann und Denice Toews-Hennig.

Die nächste Konferenz dieser Art findet im August 2018 in Paris statt, die dann von der französischen Vereinigung „Geniris“ organisiert wird.

AWS Aniridie WAGR e.V.

D. Toews-Hennig / B. Käsmann-Kellner / S. Dlugos/ C. Patzak Okt. 2016